STIMMIG SPRECHEN - DIE METHODE

 

Fundiert, effizient, praktikabel

Viele Menschen denken bei Stimmtherapie oder Stimmtraining an ausgedehnte, oft befremdliche Übungen: mal sollen sie stundenlang auf dem Boden liegen und entspannen, mal sollen sie auf einem Pezzi-Ball hopsen und dabei "Mom, mom, mom" oder andere Silben tönen, mal wird statt an der Stimme "an der Psyche" gearbeitet, die angeblich der tiefere Grund für das Stimmproblem sein soll. All das kostet Zeit und Nerven. Symptome, die anfangs genannt wurden, werden mit zusätzlichen Problemen (Verspannungen, Blockaden, mangelndes Körper-bewusstsein!) beladen, so dass dem Hilfesuchenden ein langer Weg bevorsteht. Statt verständlicher Erklärungen, wie eins das andere bedingt, wird verkompliziert und mystifiziert, statt baldiger Selbstständigkeit werden Anhängigkeiten angestrebt, nicht zuletzt auch deshalb, weil ein möglicher schneller Erfolg materiell nicht belohnt wird.

Da ich mich selbst bei stupiden Übungen schnell langweile und überdies schon sehr früh effizientere, praxisnähere und umfassendere Wege erkannt habe, halte ich nicht lange "hinterm Berg" und zeige meinen Patienten und Schülern kurzerhand, wie "es" geht. Sie sollen möglichst schnell erleben, dass ihre Stimme im Zusammenspiel mit dem Körper sehr wohl gut funktioniert, und Strategien kennenlernen, wie sie allen am Sprechen beteiligten Funktionen (Atmung, Muskelspannung, Bewegung, Haltung, Artikulation, mentale Einstellung) bestmögliche Bedingungen bieten. Was im Einzelnen geschieht, was wir wann genau tun, soll weder geplant noch gelenkt werden. Von Kopf bis Fuß aber bereit zu sein, die Arbeit der Stimmproduktion auf den gesamten Körper zu verteilen, ist Voraussetzung genug.

 

Von unten nach oben - Vom Groben ins Feine

So wie Sie stehen, so klingt die Stimme! Das bedeutet, dass wir - sofern wir uns einen klaren, vollen Stimmklang wünschen - erst einmal mit dem Boden in Kontakt kommen müssen, also im wahrsten Sinn einen "Standpunkt" einnehmen sollten, den wir dann sprechend "vertreten" können. Der Boden liefert uns einen Halt und einen Widerstand, gegen den wir uns "von Grund auf" aufrichten und somit unser Instrument Stimme erst einmal aufbauen können. Ganz nebenbei vertieft sich, sobald der Boden empfunden wird, die Atmung, die - was immer ein gutes Zeichen ist! - dabei nicht in Erscheinung tritt. Eine fließende Atmung hier und jetzt ist stets ein Garant für zumindest relative Gelassenheit, dem Gegenteil also von Aufregung und Angst.

 

Der Körper verleiht dem Wichtigsten Gewicht

Damit sich der Schüler / Patient ungestört auf seine Art und Weise des Sprechens besinnen kann, biete ich ihm alle möglichen naheliegenden Bemerkungen, die ihm aus seinem Alltag bekannt sind und die er unverzüglich nachsprechen kann. Dabei zeigt sich, dass er unwillkürlich betont, dass sich sein Körper also an der inhaltlich wichtigsten Stelle in relativ höchster Spannung befindet ("Das finde ich gut."). Womit der Sprecher dies zum Ausdruck bringt, ist für den Klang und sein Auftreten entscheidend: Reckt er dabei den Kopf vor und artikuliert übertrieben, klingt die Stimme eher geräuschhaft, dünn und forciert, besonders beim Vokal ("gut"). Entlässt er die Energie aber durch Gesten in den Raum und durch feine Kniebewegungen in den Boden, so bedient sich sein Körper des Konsonanten ("gut"), und das U klingt klar und tragfähig, ohne den Kehlkopf zu belasten. Durch den Umgang mit dem Boden erfolgt zudem eine gewisse Streckung, so dass der Sprecher im wahrsten Sinn zu bzw. hinter dem steht, was er gesagt hat, und somit eine viel größere Wirkung erzielt als der Kopf-Betonende, der sich kleiner und schwächer macht und somit auch den Wert seines Inhalts einschränkt.

Dieser sehr erhellende Mechanismus wird nun in verschiedenen Intensitäten (je höher die Emotion, desto größer die Bewegung) und räumlichen Bezügen (Ansprechen eines Gegenübers, Zeigen von Objekten) erlebt. Durch Wiederholung und Variation wird eine Grundanlage im Menschen reaktiviert (lediglich sein Verstand lernt Neues!) und, was anfangs eventuell stereotyp oder übertrieben wirkte, wieder zur Selbstverständlichkeit.

Auch im Sitzen (hierbei mit einem gelösten Bauch-Becken-Raum) werden nun Möglichkeiten durchgespielt, wie man - diesmal vorwiegend mit den Händen - die Stimmkraft unterstützen kann. Aber auch wenn die Stimme nicht unbedingt voll und sonor klingen muss - beispielsweise beim Plaudern - ist es für einen Sprecher gut, um einen Halt in der Materie zu wissen (die eigenen Oberschenkel, die Arm- oder Rückenlehne, die Tischfläche), deren Widerstand ihm immer wieder neue Kraft verleiht. Schließlich kann aus einem harmlosen Geplänkel eine heftige Auseinandersetzung entstehen, wobei der Spannungszustand des Körpers der Emotion entsprechen sollte. Andernfalls ist die Stimme gezwungen, die hohe Kraft allein zum Ausdruck zu bringen, was leider oft in schrillem, blechernem Brüllen endet! Inzwischen ist der Schüler oder Patient übrigens längst in der Lage, eigene Antworten "mit Hand und Fuß" zu geben.

 

Den Stimmklang handhaben

Je präziser unsere gestischen Begleitbewegungen sind (oft reicht das Strecken eines Fingers!), umso klarer und heller (egal in welcher Grundtonlage!) klingt unsere Stimme! Gehe ich also mit der Sprache so um, als gäbe es viele kleine Dinge in den Raum zu stellen (wie das Ausbreiten von Geschenken auf einem Gabentisch), so erziele ich damit ansprechende, durch Pausen verarbeitbare Portionen, die ich in flexiblen Bewegungen bzw. Melodiebögen darbiete, anderen mit(-) teile, ohne mich selbst zu verausgaben (denn ich bleibe ja dahinter stehen). Kopf und Körper arbeiten dabei synchron: durch das körpergebundene Akzentuieren können mir die Gedanken nicht vorauseilen; ich spreche mit Punkt und Komma und erfahre durch die 3-Teiligkeit meiner Rede (Spannungsaufbau zur Betonung, Spannungsabbau zum Satzende und Lösung während der Pause) ständige Belebung. Was ich mit meinem Willen kaum zu vollbringen vermag (z.B. passende, hochnuancierte Klänge bei Gedichtinterpretationen), können mir die Hände (in fortgeschrittenem Stadium auch Vorstellungsbilder) liefern.

 

Die Atmung soll immer weiterfließen

Obwohl die Atmung durch den ständigen Umgang mit UNTEN eine wirkungsvolle Einladung zum Fließen erfährt, haben sich nicht wenige Menschen angewöhnt, vor dem Sprechen erst nach Luft zu schnappen oder dies auch in der Sprechpause zu tun. Das Nach-Luft-Schnappen hebt uns jedoch sofort vom sicheren Boden bzw. Bauch-Becken-Raum hinweg, zieht also unseren Körperschwerpunkt vom Becken Richtung Brust, so dass wir unseren Halt verlieren und zudem nicht etwa umso besser mit Luft versorgt werden, sondern auf bereits verhandene Luft ein unnötiges, auf Dauer beengendes Übermaß packen. Daher lernen Sie in diesem Zusammenhang, gestisch stets "aus dem Vollen", also von unten her, zu schöpfen und in der Sprechpause die Lippen geöffnet zu lassen, so dass der Körper Aus- und Einatmung nach seinen tatsächlichen Bedürfnissen regeln kann. Denn sobald wir in das Atmen eingreifen (Luft schnappen oder durch die Nase einziehen, den Mund in der Sprechpause schließen oder extra tief einatmen), bringen wir nicht nur unsere Sauerstoffversorgung, sondern auch unsere psychische Verfassung durcheinander! In geschriebenen Texten sagen uns die Satzzeichen, wo Sprechpausen Sinn machen, und wenn wir uns trauen, zusätzliche Zäsuren zuzulassen (der Impuls dazu kommt ganz spontan!), werden wir sogleich mit schönen Klängen und Satzmelodien "belohnt".

 

Eine gute Figur machen

Immer, wenn wir für andere Menschen sichtbar sind, strahlt auch unser Körper etwas aus. Wenn wir uns zu unserer vollen Größe aufrichten, wenn Kopf  und  Brustbein, die Ich-Partie erhoben sind, wirken wir automatisch stark, präsent, souverän und offen. Mit beiden Beinen "im Leben" oder "auf dem Boden der Tatsachen" wirken wir weder schlaff noch arrogant, sondern strahlen ein natürliches Selbstbewusstsein aus, das, was wir sagen, umso kompetenter, interessanter und bedeutender klingen lässt. Wer hinter seiner Rede steht, den kann man beim Wort nehmen, mit dem kann man offen reden, der bedarf nicht der Schonung oder der Glacéhandschuhe. Zudem verfügen wir mit einer aufrechten Haltung über größtmögliche miteinander verbundene Resonanzräume, die über einen sonoren Klanganteil von innerer Ruhe und Bodenständigkeit zeugen.

 

Über ein sicheres Handwerkszeug verfügen

Ziel der Arbeit ist, dass der Schüler / Patient über ein Handwerkszeug verfügt, das ihn zu sicherem Sprechen und Auftreten befähigt. Dazu gehören vielfältige praktische Erfahrungen (schließlich muss der Körper leisten, was wir von der Stimme erwarten!), besonders was seine individuellen Anliegen betrifft. Sehr oft werden berufliche Situationen improvisiert (Bewerbungs - oder Streitgespräche, Meetings oder Präsentationen, Bühnenauftritte, Gesangsdarbietungen), in denen die erworbenen Fähigkeit schließlich souverän und differenziert zum Einsatz kommen. Aber auch das Wissen um physiologische Zusammenhänge, um die Wirkung von Körper und Stimme auf das Publikum und um das gezielte Ansprechen des Gegenübers mit den der Sprache innewohnenden Mitteln, das auch theoretisch vertieft wurde, verleihen Sicherheit und Professionalität.

 

Die Arbeit an Stimme und Auftreten kann im Leben nur Nebensache sein

Um im Alltag zu bestehen, dürfen die zu beachtenden Maßnahmen nicht zeitaufwändig, kompliziert und isoliert sein. Weder kann ich mich aus einer Besprechung ausklinken, um im Nebenraum Übungen zu machen, noch nützt es mir, bewusst auf meine Atmung zu achten. Alltags- bzw. praxistauglich sind Hinweise, die ich "nebenbei" umsetzen oder mit geringer Aufmerksamkeit wahrnehmen kann: Dies sind das Spüren den Bodens oder sonstiger Materie (sobald ich nur daran denke, fühle ich sie bereits), einer Raumdimension (unten - oben, hinten - vorn) sowie, dass ich mit meinem Körper stets "bei der Sache", dem gesprochenen Inhalt, bin. Auch wer kein Freund von Gesten ist (Fuchteln ist wildes Gestikulieren auf Brust- und Gesichtshöhe!), wird den meist sparsamen Einsatz der Hände (im Stehen auch der Beine!) begrüßen, will er der Gefahr der Kompensation durch Kopf und Hals begegnen. Unsere Sprache kommt aus unserem Organismus und muss - will sie andere erreichen - an diesen angeschlossen bleiben. Innere Impulse zuzulassen und beherzt auszuleben, ist daher geradezu naheliegend.

 

Was zur Sprache kommt, wird auch geklärt

Was immer wir während der Arbeit an Problemen (oft: schlechten Gewohnheiten) erkennen, werden wir auch schnellstmöglich bearbeiten. Im Gegensatz zu Videoaufnahmen in Rhetorikkursen, nach denen Sie mit dem Hinweis "Sie sollten nicht ... !" nach Hause gehen, werden Sie stets konstruktiven Beistand, d.h. bessere Alternativen erhalten: Statt "unruhig und nervös wirken! also: "stets den Boden spüren"; statt "monoton sprechen" "innere und äußere Bewegung zulassen!"; statt "die Hände falten", um nicht ins Fuchteln zu geraten, "Bodenkontakt und dezente Bewegungen in Hüftnähe". Sie erhalten Fragen auf Ihre Antworten (zumindest ist mir dies bislang immer gelungen) und günstigere, organischere Verhaltensoptionen. Wir arbeiten konkret und zielführend, ersetzen schlechte Gewohnheiten durch gute und bereiten Sie auf immer noch interessantere Herausforderungen vor.